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Aktuelle Seite: Zillingdorf
NÖS-319
Bez. Wiener Neustadt

Johann Nothaft

1865

Der Ort Zillingdorf ist von deutschsprachigen Siedlern wahrscheinlich im 12. Jahrhundert gegründet worden, gehörte politisch aber bis Ende des 15. Jahrhunderts zu Ungarn.

Um 1300 wurde eine kleine, einschiffige Kirche mit eingezogenem Chor im damals aktuellen gotischen Stil erbaut. Während der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Kaiser Friedrich III. und dem ungarischen König Matthias Corvinius wurde sie stark beschädigt, um 1500 jedoch wieder hergestellt, nachdem Zillingdorf zu Österreich gekommen war.

Im Jahr 1605 steckten ungarischen Protestanten das Dorf und die Kirche in Brand, 1614 ließ Kardinal Melchior Khlesl die Kirche wieder aufbauen, wobei zwar einige Änderungen vorgenommen wurden, aber die gotischen Fenster am Chor sowie das Spitzbogengewände einer Nische(?) an der Nordseite des Langhauses erhalten blieben. Das gotische Langhaus wurde um ein Joch verlängert, der Kircheneingang zugemauert und ein neuer Eingang hergestellt. Neue Rundbogenfenster an den Seitenwänden bewirkten einen helleren Innenraum. Ein barocker Chorturm mit Zwiebelhelm gab dem Bauwerk ein zeitgemäßes Erscheinungsbild.

Die Zweite Türkenbelagerung Wiens 1683 führte wiederum zu schweren Schäden an der Kirche, die jedoch auch diesmal wieder behoben wurden. 1829 wurde eine Sakristei angebaut und das Langhaus eingewölbt. Statische Gründe erforderten wahrscheinlich die Errichtung der überdimensionierten Stützpfeiler sowie den Zubau einer geböschten Stützmauer am Chor.

Es ist bemerkenswert, mit welcher Hartnäckigkeit die Kirche nach den wiederholten Zerstörungen immer wieder aufgebaut bzw. repariert wurde. Denn auch als 1858 die Kirche durch einen Brand wieder einmal beschädigt wurde, dachte man nicht an einen Neubau, obwohl die Kirche für die wachsende Bevölkerung schon lange zu klein geworden war. Stattdessen wurde der Baumeister Johann Nothaft mit der Instandsetzung und der Vergrößerung des ruinierten Gebäudes beauftragt. In diesem Sinn stellte Nothaft die ursprünglichen Außenmauern wieder her, verlängerte jedoch das Langhaus an der Westseite um ein Joch, um einen größeren Innenraum und gleichzeitig auch den Platz für eine Orgelempore zu schaffen. Den barocken Turm ersetzte er durch einen mächtigen Turm, den er seitlich des neu errichteten Zubaus anfügte und der im Untergeschoß als Kircheneingang dient.

Wahrscheinlich in Anbetracht der wiederholten Zerstörungen der Kirche wählte Nothaft für den Zubau mit dem Turm den neoromanischen Stil, der im Historismus ideell mit Stärke und Dauerhaftigkeit verbunden wurde. Die in der Neoromanik selten anzutreffenden Wasserspeier in Form dämonischer Tiergestalten, die im Mittelalter als Schutz vor bösen Mächten galten, entsprechen diesen assoziativen Überlegungen.

Im Inneren der Kirche restaurierte Nothaft die bestehende rundbogige Einwölbung, entschied sich jedoch für den neogotischen Stil beim neuen Anbau, während er die Brüstung der Orgelempore wiederum  im neoromanischen Rundbogenstil gestaltete. Bemerkenswert sind die modernen Pfeiler aus Gusseisen, die durch ihre schlanke Dimension eine gute Sicht zum Altar auch von den hintersten Bankreihen ermöglichte.

Die gesamte Innenausstattung wurde von zeitgenössischen Künstlern ebenfalls im neogotischen Stil hergestellt. Bemerkenswert sind die auf Holz gemalten, ikonenhaften Tafelbilder der Seitenaltäre.

Historismus