1100 Quellenstraße 197
1934-1935
Anfang des 20. Jahrhunderts wurde in der Nähe des Kaiser Franz-Josef-Spitals eine Notkirche errichtet, die im 1. Weltkrieg als Spitalskirche diente. Der aus Holz errichtet Zentralbau mit zwei quadratischen Türmen war mit Schindeln verkleidet und bot Platz für rund 800 Personen.
1922 wurde die Notkirche auf den Standort der heutigen Kirche übertragen und von dem Orden der Pallottiner übernommen. Auf deren Initiative erfolgte 1934 ein Neubau mit einem Fassungsvermögen von etwa 3000 Personen, mit dessen Planung Robert Kramreiter und sein Partner Leo Schmoll beauftragt wurden.
Kramreiter, der federführende Architekt, plante einen herkömmlichen basilikalen, dreischiffigen Längsbau und einem Rechteckchor mit halbrunder Apsis. Bemerkenswert ist der Eingangsbereich: wie die Architekten des Historismus verwendete Kramreiter Zitate der Vergangenheit, um sie modifiziert in sein Gestaltungskonzept einzubinden. Während jedoch im Kirchenbau des 19. Jhd. fast ausnahmslos Rückgriffe auf die mittelalterlichen Stile erfolgten, hat Kramreiter das barocke Schlossmotiv eines Ehrenhofs aufgegriffen. Er setzte an der Fassade zwei weit in den Raum vorragende Seitenflügel an, denen er jedoch die Funktion von Kirchtürmen zuwies, indem er Kapellen in den unteren Geschossen in den Hauptraum der Kirche integrierte und an der Vorderseite markante Glockenstuben ausbildetet. Weiters hat der Architekt den Typus einer barocken Freitreppe aufgegriffen, um den Zugang zur so genannten Volksempore, die in der Literatur irreführend als Chor bezeichnet wird, von außen zu ermöglichen. Die Treppenarme verlaufen entlang der „Seitenflügeln“, sodass der kleine Kirchenvorplatz als Begegnungszone für die Kirchenbesucher frei bleibt. Die Fassade ist bis in die Höhe der Seitenflügel hochgezogen. Mit dem Rückgriff auf ein mittelalterliches Radfenster stellt der Architekt einen spannenden Kontrast zur modern- funktionalen Außenstiege her.
Kramreiter war ein großer Anhänger der in den 1930er Jahre entstandenen liturgischen Erneuerungsbewegung. (mehr hier) Dem entsprechend plante Kramreiter ein breites Mittelschiff mit beinahe stützenlosen Seitenschiffen, um den Gläubigen durch eine ungehinderte Sicht zum Altar eine intensivere Teilnahme an der Messfeier zu ermöglich und gleichzeitig durch den Wegfall trennender Stützen das Gemeinschaftsgefühl zu fördern. In diesem Sinn ist auch die ungewöhnliche Volksempore zu verstehen, die den Kirchenbesuchern zusätzlich zum Hauptraum zur Verfügung stand. Sie kragt wie ein Theaterbalkon weit in den Raum vor und ermöglicht eine gute Sicht zum Altar.
Natürlich musste die Kirchengemeinde nicht auf eine herkömmliche Musikempore verzichten. Kramreiter verlegte sie in eine Loggia über der Sakristei, die links an das Chorrechteck anschließt, und die auch den Zugang zum angebauten Pfarrhof und Klostergebäude der Pallottiner herstellt. Für die Orgel schuf der Architekt eine eigene Nische mit einem expressiven Zackengiebel, der sich auffällig von den ansonsten bevorzugten Rundformen abhebt.
Kramreiters Kirchenbauten basieren auf dem geometrischen Prinzip, Baukörper durch das Zusammenfügen von Quadern und Zylindern zu formen. Dies zeigt sich etwa bei der Eingangsseite, den halbrunden Nischen an der linken Seitenwand und den Apsiden. Der Kreis bzw. das Kreissegment diente ihm als Gestaltungsmittel von Maueröffnungen, wie Rundbogen- und Rundbogenfenstern, oder bei den durchbrochenen Stützen der Empore. Bei den Türmen wirken kleine Rundbogenfenster wie Ornamente, die sich im Glockengeschoß zu einer Gruppe verdichten. Bemerkenswert ist die Kanzel, die sich in einer kurvenförmigen Linie emporschraubt.
Als die Kirche 1935 geweiht wurde, war der Innenraum weitgehend schmucklos. Der dunkelgrüne Marmoraltar erhielt wenig später eine Kreuzigungsgruppe als Altaraufsatz, aber der Großteil der heutigen Ausstattung wurde erst in den 1940er Jahren hergestellt, wobei auch die Kreuzigungsgruppe durch ein großes Fresko an der Apsiswand ersetzt wurde.