Zum Inhalt springen
Aktuelle Seite: 10., Kundratstraße
WS-10.8
10. Bezirk - Favoriten

Ottokar Uhl

1967

In der Zeit zwischen 1869 und 1961 wuchs in Favoriten die Anzahl der Bevölkerung von rund 22.000 auf 115.000 Personen. Es entstanden zahlreiche Wohnbauten – vor allem Gemeindebauten – aber es wurden in diesem Zeitraum nur zwei Kirchen errichtet. (St. Anton am Antonsplatz und Hl. Johannes am Keplerplatz). Als in den 1960er Jahren vor allem bislang unverbaute Gebiete erschlossen wurden und ganz neue Stadtteile entstanden, verschärfte sich das Problem der mangelhaften seelsorgliche Betreuung. Die Dynamik der Bautätigkeit und die damit einhergehende wechselnde Bevölkerungsdichte machten jedoch den Bedarf an Kirchengebäuden schwer einschätzbar, sodass die Erzdiözese Wien zögerte, den Bau neuer Kirchen zu bewilligen.

Um den Gläubigen trotzdem den Kirchenbesuch zu ermöglichen, erstellte der Architekt Ottokar Uhl ein Programm für die Errichtung provisorischer, kostengünstiger Montagekirchen. Denn, so Ottokar Uhl, die moderne Gesellschaft mit „ihrem Streben nach höherem Lebensstandard, Wertepluralismus, der zunehmenden Ausprägung gesellschaftlicher Züge und zugleich individualistische Züge“ verlangt „flexible, erweiterungsfähige, veränderbare Strukturen.“ In diesem Sinn entwickelte er eine Konstruktionsmethode aus Fertigteilen, die schnell aufgebaut, aber auch schnell demontiert und an einem anderen Ort wieder aufgebaut werden konnten. Eine Montagekirche sollte erweiterbar sein, mindestens zweimal aufgebaut werden und eine Lebensdauer von mindestens 40 Jahren haben.

Für die Konstruktion der Kirche in Favoriten verwendete Uhl Holzleimbinder-Elemente, die in einer oberösterreichischen Firma vorgefertigt und vor Ort innerhalb einer Woche zusammengefügt wurden - die Aufstellung der Kirche dauerte einschließlich der Fundierungsarbeiten und Ausfertigungsarbeiten insgesamt nur sieben Wochen.

Die Kirche ist für ein Fassungsvermögen von rund 600 Personen dimensioniert und besteht aus einem Kubus und halbhohen Anbauten mit eingezogenen Ecken, die als Kircheneingänge ausgebildet sind. In der Mitte des stützenlosen, 15x15 Meter großen Hauptraums befindet sich der Altarraum. An drei Seiten wurden die Kirchenbänke aufgestellt, und hinter der Altarwand die Sakristei, ein Aussprachraum sowie die Installationszentrale angeordnet. In dem schmucklosen Innenraum bestimmt die sichtbare Holzkonstruktion maßgeblich die Raumwirkung. Ein schmales, umlaufendes Fensterband an den Wänden des erhöhten Hauptraums dient der Belichtung des Innenraums.

Als Provisorium gedacht, wurde die Kirche zur Dauerlösung und mittlerweile auch unter Denkmalschutz gestellt. Es zeigte sich jedoch, dass die Annahme einer vierzigjährigen Haltbarkeit zu hoch gegriffen war: bereits in den 1970er Jahren wurden die Außenwände verkleidet, das Flachdach durch ein flaches Satteldach aus Blech ersetzt und der Windfang eingebaut. 1981 erfolgte eine neue Innenraumgestaltung, die das originale Raumkonzept drastisch zerstörte. 1988 wurde die dem Heiligen Kreuz geweihte Kirche zur Pfarrkirche erhoben und der Hl. Katharina von Siena geweiht.

Im Laufe der Jahre traten nicht nur bauliche Mängel zu Tage, es fehlten Räume für diverse Pfarraktivitäten bis hin zu sanitären Anlagen. Im Jahr 1985 wurde daher von Johann Hoffmann neben der Kirche ein großzügig dimensioniertes Seelsorgezentrum errichtet, in dem auch ein privater Kindergarten untergebracht ist.

20. Jhd.